Startseite » Elektrik & Geräte » Normen und Vorschriften im Wandel – Warum 2025/26 relevant wird
Normen und Vorschriften im Wandel – Warum 2025/26 relevant wird
Normen sind das Rückgrat der Elektrotechnik: Sie definieren Mindeststandards, Sicherheit, Kompatibilität und ermöglichen geprüfte Qualität. In den Jahren 2025 bis 2026 stehen nun mehrere bedeutende Neuerungen und Anpassungen an, die Elektroinstallationen, Ladeinfrastruktur (Wallboxen) und Gebäudeversicherung berühren. Wer heute plant oder modernisiert, sollte diese Entwicklungen kennen, um Kosten durch Umplanungen oder Nachrüstpflichten zu vermeiden. Neue VDE-Normen, gesetzliche Regelwerke wie das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) und Anforderungen an smarte Ladepunkte tragen dazu bei, dass Technik, Sicherheit und Gesetzgebung zunehmend verschmelzen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, was sich alles ändert und was genau das für Sie bedeutet.
Neue VDE-Normen und Normentwürfe
Der VDE Verlag listet bereits seit Juni 2025 neue Normen und Normentwürfe, darunter DIN VDE 0100-701 und E DIN VDE V 0122-2-100. Die DIN VDE 0100-Reihe bleibt zentral für die Errichtung von Niederspannungsanlagen, und mit der neuen Ausgabe von Teil 701 werden besondere Anforderungen adressiert, beispielsweise in Feuchträumen oder Außenbereichen. Ebenso in Arbeit ist eine weiterentwickelte Norm „Allgemeine Anforderungen an die elektrische Systemtechnik für Heim und Gebäude (ESHG)“ sowie ein Entwurf der prEN IEC 62820-1-2:2025, die als europäische Norm im VDE-Kontext behandelt wird. Darüber hinaus gewinnt die Digitalisierung der Normung an Bedeutung. Mit Tools wie dem „Online Standards Development (OSD)“ wird das Erstellen und Kommentieren von Norm-Entwürfen digitalisiert. Seit Januar 2025 ist OSD das zentrale Werkzeug, mit dem Entwürfe online bearbeitet und kommentiert werden können. Diese Entwicklung erleichtert die Beteiligung an Norm Prozessen und erhöht die technische Transparenz.
Pflicht zur steuerbaren Ladeleistung bei Wallboxen (§ 14a EnWG)
Eine der zentralen Änderungen mit unmittelbarer Wirkung betrifft die Ladeinfrastruktur. Seit dem 1. Januar 2024 gilt für neue Wallboxen mit mehr als 4,2 kW eine gesetzliche Pflicht zur Steuerbarkeit (§ 14a EnWG). Das heißt: Der Netzbetreiber kann in Netzsituationen die Ladeleistung drosseln (auf mindestens 4,2 kW), um Netzüberlastungen zu vermeiden. Diese Vorgabe zwingt Bauherren und Installateure, Ladepunkte so auszulegen, dass sie intelligent steuerbar sind und die Netzstabilität berücksichtigt wird. Außerdem ist es bei neuen Wallboxen verpflichtend, dass sie eine integrierte DC-Fehlerstromerkennung besitzen, was den Einsatz zusätzlicher Schutzvorrichtungen vereinfacht. Damit sinken die Installationskosten und der Schutz steigt gleichzeitig.
Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG)
Ab dem 1. Januar 2025 tritt in Deutschland das GEIG in Kraft. Für Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen besteht dann eine Pflicht, mindestens einen Ladepunkt für Elektrofahrzeuge bereitzustellen. Diese bereits bestehende EU-Richtlinie EPBD 2024/1275 wird damit national umgesetzt. Für Gebäudeeigentümer und Investoren bedeutet das: Die Planung von E-Ladeinfrastruktur wird verpflichtend, nicht mehr optional. Bei größeren Neubauten oder Sanierungen sollte deshalb frühzeitig Ladeinfrastruktur berücksichtigt werden, um rechtzeitig normkonform zu sein.
Wiederholungsprüfung und Betrieblicher Regelbetrieb
Eine bedeutsame Norm, die 2025 besonders hervorgehoben wird, ist die DIN VDE 0105-100 für den Betrieb elektrischer Anlagen. Diese legt fest, wie und in welchen Intervallen wiederkehrende Prüfungen (z. B. Sicherheitsüberprüfungen, Messungen, Inspektionen) durchzuführen sind. In der überarbeiteten Fassung werden Anforderungen zur Dokumentation und zur Berücksichtigung früherer Prüfergebnisse stärker betont. Für Betreiber bedeutet das: Die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Zustand der Elektroinstallation bleibt bestehen – mit klarer Pflicht zur Erfassung und Nachverfolgung von Mängeln. Wer künftig um- oder neu installiert, muss sicherstellen, dass die Anlage dauerhaft den neuen Anforderungen genügt.
Netz orientierte Steuerung und flexible Verbrauchssteuerung
Eine aktuelle Entwicklung ist die Empfehlung zur Netz orientierten Steuerung von Verbrauchseinrichtungen, die der VDE FNN Anfang 2025 herausgegeben hat. Ziel ist es, elektrische Lasten (z. B. Ladepunkte, Wärmepumpen, Klimaanlagen) so intelligent zu steuern, dass das öffentliche Netz entlastet wird. Das heißt konkret: Ein System misst nicht nur den Verbrauch, sondern reagiert auf Netzlast, Energieverfügbarkeiten (z. B. Solarüberschuss) und passt Lasten automatisch an. Solch eine Steuerung wird künftig empfohlen und häufig Voraussetzung für moderne Normkonformität und Netzanschlussverträge.
DGUV Vorschrift 3 - geplante Überarbeitung
Die DGUV Vorschrift 3 regelt die Prüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel im Bereich Arbeitsschutz. Ab 2025 ist eine Aktualisierung dieser Vorschrift vorgesehen, um sie moderner und praxisgerechter zu gestalten. Die kommenden Änderungen könnten neue Prüfintervalle, adaptierte Prüfmethoden oder digitale Prüfprozesse beinhalten. Für Unternehmen und gewerbliche Betreiber ist das relevant, da die gesetzlichen Prüfpflichten verschärft werden und die Anforderungen an Prüfer sowie Prüfmethodik steigen könnten.
Normen für spezielle Anwendungen: VDE 0100-711 & Ausstellungen
Neben den allgemeinen Normen werden auch spezielle Bereiche neu geregelt. Ein Beispiel ist die DIN VDE 0100-711, die Anforderungen für vorübergehende Installationen, etwa auf Ausstellungen, Shows oder temporären Veranstaltungen, festlegt. Diese Norm ergänzt die allgemeinen Anforderungen durch besondere Schutzmaßnahmen für atypische Umgebungen. Wer in diesem Umfeld arbeitet, muss künftig mit höheren Anforderungen an Sicherheit, Schutzpotentialausgleich, Fehlerstromschutz (RCD) und Aufbauweise rechnen.
Herausforderungen und Übergangsregelungen
Normenänderungen bringen immer eine Übergangsphase mit sich. Altinstallationen werden selten vollständig rückwirkend angepasst, doch bei Umbauten, Erweiterungen oder Neuinstallationen müssen Sie sicherstellen, dass die aktuellen Normen eingehalten werden. Damit drohen Mehrkosten, wenn Planung und Koordination von Anfang an vernachlässigt werden. Ein weiteres Risiko liegt in der Komplexität der Normenlandschaft: Betreiber und Elektrofachbetriebe müssen ständig auf dem Laufenden bleiben, weil Änderungen oft nicht öffentlich breit kommuniziert werden. Ein aktives Norm-Management und regelmäßige Fortbildungen werden immer wichtiger
Chancen nutzen, Risiken vermeiden
Die Jahre 2025 und 2026 bringen substanzielle Änderungen in den Normen und gesetzlichen Vorgaben der Elektrotechnik. Für Elektroinstallationen, Ladeinfrastruktur, Prüfpflichten und Netzsteuerung kommen neue Anforderungen, die Planungssicherheit und Wissen voraussetzen. Wer frühzeitig reagiert, Normentwürfe verfolgt und Technik unter diesen Gesichtspunkten plant, kann Vorteile nutzen, Kosten vermeiden und seinem Projekt Rechtssicherheit verleihen. Die Elektrotechnik von morgen erfordert mehr Integration: Gebäude, Mobilität und Energieversorgung wachsen zusammen. Normen und Zertifizierungen sind daher keine bürokratischen Hindernisse, sondern Grundlagen, die Qualität, Sicherheit und Innovation möglich machen – heute und in der Zukunft.
Bildnachweis: © PV productions/Shutterstock.com